Snowfarming

In den letzten Jahren ist vermehrt deutlich geworden, wie wertvoll die Ressource Schnee ist. Schneearme Winter treffen die Tourismusgebiete in den Alpentälern hart und zeigen auf, wie abhängig auch höher gelegene Skiorte vom kostbaren Weiss sind.

Seit einigen Jahren setzen Wintersportorte vermehrt auf Snowfarming, um Schnee über den Sommer zu lagern. Dazu werden gegen Ende Winter an geeigneten Standorten im Freien mehrere Meter mächtige Haufen aus technischem Schnee produziert und mit einer Isolierschicht, z.B. Sägemehl oder Hackschnitzel, bedeckt. Diese isolierende Schicht schützt den darunterliegenden Schnee vor dem Schmelzen. Der so konservierte Schnee dient als Basis für die Präparation von Langlaufloipen, Skipisten oder Sprungschanzen am Anfang des Folgewinters. Snowfarming ermöglicht weitgehend einen wetterunabhängigen frühen Start in die Wintersaison oder Schneegarantie am Tag X für eine Sportveranstaltung.

Umfrage belegt steigendes Interesse an Snowfarming

Eine Umfrage des SLF im deutschsprachigen Alpenraum und in Skandinavien belegt das wachsende Interesse am Snowfarming: 90 Prozent der rund 100 befragten Skigebietsbetreiber und Gemeinden ist Snowfarming ein Begriff. Etwa die Hälfte (49%) betrachten Snowfarming als positiv. Dagegen stehen 14 Prozent Snowfarming kritisch gegenüber.

Etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer, die bis dato noch kein Snowfarming durchführen, spielen mit dem Gedanken, mit Snowfarming zu beginnen. 15 Prozent gaben an, dass sie definitiv mit der Schneeübersommerung beginnen werden. Die wichtigsten Beweggründe sind (a) die Sicherstellung eines minimalen Schneesportangebots, (b) einen pünktlichen Saisonstart zu gewährleisten, sowie (c) die kürzeren Beschneiungszeiten im Herbst und Frühwinter zu kompensieren.

Als Grund gegen die Einführung eines Snowfarming-Projekts wurde insbesondere das Fehlen eines geeigneten Lagerungsplatzes genannt. Auch reicht die übersommerte Schneemenge oft nicht für das gewünschte Angebot aus. Zudem sind die Befürchtungen im Vorfeld gross, dass der wirtschaftliche Nutzen gering ist im Vergleich zum Aufwand.

Dies wird allerdings nur von etwa 30 Prozent der Befragten, die Snowfarming betreiben, bestätigt. Rund die Hälfte schätzt ihre Schneeübersommerung als profitabel ein. Konsequenterweise führen zwei Drittel das Snowfarming daher auch weiter. Lediglich 5 Prozent gaben an, die Schneelagerung zu beenden; 27 Prozent planen hingegen sogar eine Erweiterung.

Grossteil der Befragten sieht Verbesserungspotential

Die Umfrageteilnehmer gaben an, dass die Schneevolumenverluste über den Sommer zwischen 13 und 50 Prozent betragen – der Durchschnitt liegt bei ca. 28 Prozent. 80 Prozent der Befragten sehen Verbesserungspotential beim Snowfarming. Der grösste Kostenpunkt ist meist die arbeitsintensive Verteilung des Schnees im Herbst. Beim Davoser Snowfarming 2016 machte dies ca. zwei Drittel der Gesamtkosten aus (ohne Infrastruktur). Finanziert werden Snowfarming Projekte am häufigsten von den Bergbahnbetreibern (47 %) oder den Gemeinden (29 %). 12 Prozent der Befragten erhielten Unterstützung in Form von Fördergeldern.

Dicke der Abdeckschicht entscheidend für erfolgreiches Snowfarming

SLF-Forschende führten im Jahr 2015 detaillierte Untersuchungen an Schneedepots in Davos durch. Diese zeigten, dass lediglich zwei Drittel der Volumenabnahme dem Schmelzen zugerechnet werden kann. Die restliche Volumenreduktion wird wegen des grossen Eigengewichts und der langen Lagerungsdauer durch die Setzung des Schnees verursacht. Dies konnten sowohl Messungen der Schneedichten als auch numerische Simulationen mit dem Schneedeckenmodell SNOWPACK zeigen.

Die Computersimulationen ermöglichten zudem ein tiefergehendes Verständnis über den Beitrag der verschiedenen Wetterfaktoren zum Abschmelzen sowie zur Funktionsweise einer Sägespäne-Abdeckung. Es zeigte sich, dass eine gute Isolierung tagsüber Wärme speichert ohne diese an den Schnee weiterzuleiten, und nachts die Wärme möglichst vollständig wieder abgibt, vor allem durch langwellige Wärmeabstrahlung. Computersimulationen mit unterschiedlich dicken Sägespäne-Abdeckungen zeigten, dass mindestens eine 30 bis 40 cm dicke Schicht von Spänen nötig ist, um den Wärmeeintrag im Tagesverlauf grossenteils aufzufangen. Des Weiteren wurde mit Hilfe der SNOWPACK-Simulationen erkannt, dass bei guter Isolierung die Verluste selbst bei relativ hohen Temperaturen nicht besonders gross sind. So führt eine Zunahme der Lufttemperatur von 5 °C lediglich zu einem Schneehöhenverlust von 3 Prozent.


Eine umfassende Beschreibung des derzeitigen Wissenstand rund um das Thema Snowfarming wird im neu erschienen Handbuch «Pistenpräparation und Pistenpflege» gegeben. Auf 20 Seiten findet man neben den physikalischen Grundlagen vor allem praktische Leitlinien bei Planung und Realisierung eines Snowfarming-Vorhabens sowie detaillierte Beispiele verschiedener Schneedepots im Alpenraum und Skandinavien.

15 Jahre Snowfarming-Praxis und -Forschung in Davos

Bereits 2008 wurden in einem gemeinsamen Projekt des SLF, der Gemeinde und des Tourismusverbands Davos die ersten Feldversuche durchgeführt, um zu prüfen, ob Snowfarming in tieferen Lagen überhaupt möglich ist und welche Abdeckmethoden sich am besten eignen. Es zeigte sich sehr deutlich, dass die dicke Sägemehlschicht dem Abschmelzen wesentlich besser entgegenwirkt als die vergleichsweise dünnen Geotextilien. Nur gerade ein Viertel des Schnees schmolz unter der Sägemehlabdeckung. Aus dem verbliebenen Schneehaufen konnte damals im Herbst eine 500 Meter lange Langlaufloipe gebaut werden. Der Erfolg von 2008 veranlasste die Gemeinde Davos, Snowfarming bis heute weiterzuführen und auszubauen. Inzwischen reicht der übersommerte Schnee Ende Oktober jeweils für eine gut vier Kilometer lange Loipe.

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