Schneemetamorphose

Schneemetamorphose verändert Neuschnee innerhalb kürzester Zeit. Seit einigen Jahren können wir diese Veränderungen «live» im Computertomograph beobachten und messen.

Schnee ist ein «heisses» Material, deswegen ist er so veränderlich. Weil seine Temperatur stets nahe am Schmelzpunkt liegt, hat er auch einen hohen Dampfdruck. Das bedeutet, dass ständig Wasserdampf vom Eis weg sublimiert und an einer etwas kälteren Stelle wieder deponiert wird. Die Geschwindigkeit mit der die Umwandlungsprozesse (Metamorphose) ablaufen ist je nach Umgebungsbedingungen sehr unterschiedlich.  Grundsätzlich kann man sagen, dass sich der Schnee umso schneller verändert, je höher die Temperatur und die Temperaturunterschiede ist.

Die Eigenschaften von Schnee ändern sich mit seiner Metamorphose. Deswegen ist das Verständnis wie und warum Metamorphose stattfindet, sehr wichtig für alle die sich wissenschaftlich mit Schnee beschäftigen, z.B. mit seinen mechanischen/physikalischen Eigenschaften, der Entwicklung der Schneedecke, der Entstehung von Lawinen, der Eisbedeckung der Polargebiete, verschiedenen Klimamodellen etc. Die Möglichkeit, Schnee im Computertomograph (CT) zu scannen, hat uns beim Untersuchen und Quantifizieren der Prozesse ein grosses Stück weitergebracht. Jetzt können wir Schneeproben dabei beobachten, wie sie sich unter kontrollierten Umgebungsbedingungen (z.B. definierter Temperatur bzw. Temperaturgradienten) verändern und jederzeit die für uns interessanten Eigenschaften (wie Dichte, spezifische Oberfläche, Anisotropie, etc.) messen.

Isotherme Metamorphose

Herrscht an der Schneeoberfläche und am Boden die gleiche Temperatur, so verläuft die (sogenannte isotherme) Metamorphose sehr langsam. Treibende Kraft ist das physikalische «Bestreben», die Oberfläche zu verkleinern. In diesem Prozess sublimieren die Eisstrukturen an den konvexen Enden der Eis-Ästchen, die die höchste Oberflächenspannung aufweisen und werden an eher konkaven Mulden wieder abgelagert. Aus den ursprünglich sternförmigen Kristallen entstehen abgerundete Strukturen (Abb. 1). In der Natur kommen so konstant isotherme Temperaturen in den Polargebieten in einer Tiefe von mehreren Metern unter der Oberfläche oder in anderen sehr tiefen Schneedecken vor.

Temperaturgradient Metamorphose

Ausserhalb der Polargebiete bedecken meist saisonale, verhältnismässig dünne Schneedecken den Boden. Während die Oberfläche dieser Schneedecken ständig durch die Temperatur der Atmosphäre beeinflusst wird, herrschen am Boden unter dem Schnee relativ konstant 0° C. Durch den Temperaturgradienten beginnt der Wasserdampf im Porenraum zwischen der Eisstruktur von warm nach kalt zu wandern, in der alpinen Schneedecke also von unten nach oben. Trifft der Wasserdampf auf einen Eiskristall, lagert er sich an seiner Unterseite ab – der Kristall beginnt nach unten zu wachsen. Gleichzeitig sublimiert der gleiche Kristall an seiner wärmeren Oberseite und bildet so Nachschub an Wasserdampf für den darüberliegenden Kristall. Mit einiger Zeit führt dieser Prozess zu einer kompletten Erneuerung und Umgestaltung der ursprünglichen Eiskristalle. Dabei weisen die Neubildungen Formen auf, die bei den in der Wolke entstandenen Schneekristallen nicht vorkommen, z.B. Becherkristalle (Abb. 2).

Mit Zeitraffer-Aufnahmen im Computertomograph (CT) entstand der folgende Film, der die Entstehung von Tiefenreif zeigt. Die Bedingungen im CT waren dafür so gewählt, wie sie während kurzer Perioden auch in freier Natur vorkommen können, in diesem Fall ein Temperaturgradient von 5° C pro 10 cm.

Wechselnde Temperaturgradienten

In der Schneedecke kann sich nicht nur der Temperaturgradient ändern, sondern auch dessen Richtung. Mit anderen Worten: Manchmal ist es an der Oberfläche wärmer als in der Schneedecke und wenige Stunden später kann es umgekehrt sein.
Mit Experimenten im CT haben wir analysiert, wie der Richtungswechsel des Temperaturgradienten die Schneemetamorphose beeinflusst. Dabei wurde Neuschnee einem wechselnden Temperaturgradienten von ± 9° C pro 10 cm ausgesetzt, so wie er an klaren Wintertagen in ca. 10 cm Tiefe auftritt. Innerhalb von 12 Stunden wandelte sich 60% des gesamten Schnees um.

Diese Umkristallisation führte zu grösseren und weniger verbundenen Schneestrukturen. Die Schneekristalle wurden dabei in ärmchenförmige, abgerundete Kristalle umgeformt, die auch nach 14 Tagen noch keine kantigen Formen aufwiesen.

Schmelzmetamorphose

Die Schmelzmetamorphose ist ein Spezialfall der isothermen Metamorphose. Bei steigenden Temperaturen wird die Luft im Porenraum des Schnees durch Schmelzwasser mit einer Temperatur von 0° C ersetzt. Da die Wärme in flüssigem Wasser viel schneller transportiert wird als im Porenraum, verläuft die Umwandlung zu grossen runden Strukturen viel schneller.

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