Forschung am Seil

SLF-Physiker Lars Mewes untersucht am Aletschgletscher, in welche Richtung Schneekristalle wachsen, und analysiert Schneeprofile vor Ort. Seine Arbeit ist Teil einer Kooperation mit anderen Instituten, zu der das SLF wegen seiner Schneeexpertise eingeladen wurde.

Dünne Luft, in der Spitze Temperaturen um zehn Grad unter null – SLF-Schneephysiker Lars Mewes hat für diese Woche sein gemütliches Büro in Davos gegen einen Arbeitsplatz der Extreme getauscht. Seit Montag befindet er sich auf mehr als 3400 Höhenmetern in der hochalpinen Forschungsstation am Jungfraujoch. Von dort bricht er täglich auf Ski auf zum 200 Meter tiefer gelegenen Jungfraufirn, um zu messen und Schneeproben für das Kältelabor in Davos zu nehmen. «Ich begleite als Experte für Schnee ein Projekt des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) und der ETH Zürich», erklärt der Wissenschafter. Die Forschungsinstitutionen haben das SLF wegen seiner Expertise auf diesem Gebiet eigens hinzugezogen.

Strukturen messen

Die Forscher der ETH Zürich haben ein bodenbasiertes Radar auf dem Jungfraujoch installiert. Sie messen damit Neuschneemengen, die Struktur von Firn und die des ganzen Gletschers. Mewes gräbt direkt auf dem Gletscher Schneeprofile und analysiert diese. «Wir erhalten mit unserem SnowImager, einem Gerät, mit dem wir den Aufbau der Schneedecke bestimmen, eine sehr feine Auflösung im Millimeterbereich», sagt der Physiker. Seine Ergebnisse vergleichen die Forschenden der ETH Zürich dann mit den Resultaten ihrer Radaraufnahmen. So erkennen sie, wie gut ihre Methode bereits funktioniert – und wo sie gegebenenfalls nachbessern müssen.

Ungefährlich ist die Arbeit von Mewes nicht. Auf dem Gletscher sichern sich die Forschenden gegenseitig mit einem Seil, falls sich eine Gletscherspalte auftut. Und die dünne Luft macht sich auf dem Rückweg zur Station bemerkbar, wenn es mehrere hundert Höhenmeter bergauf geht – auf Tourenski mit viel Gepäck. Ende der Woche wird er nach Davos zurückkehren.

Näher an die Realität

Ende März soll das Flugzeug des DLR über Jungfraujoch und Aletschgletscher kreisen – falls das Wetter mitspielt. Dann werden erneut Forschende des SLF vor Ort sein, unter anderem, um die Anisotropie von Schneekristallen (siehe Kasten) im Neuschnee zu untersuchen. «Wir machen hier eine Referenzmessung, in welche Richtung die Eiskristalle orientiert sind», erläutert Mewes. Diese nutzen dann die Forschenden des DLR. Denn die vermessen vom Flugzeug aus die Schneedecke mit Radar. Bislang haben sie nur theoretische Werte aus der wissenschaftlichen Literatur mit ihren Daten verglichen. Die Arbeit des SLF soll zu Ergebnissen beitragen, die näher an der Realität liegen.

Was ist … Anisotropie?

Eigenschaften und Vorgänge, die eine Richtung haben und nicht in alle Richtungen gleich sind oder ablaufen, heissen anisotrop. Das Wachstum und der Aufbau von Kristallen gehört ebenso zu den anisotropen Prozessen wie die Ausbreitung des Lichtstrahls eines Lasers. Das Gegenteil sind isotrope Vorgänge, beispielsweise die Lichtstrahlen von der Sonne, die sich im Gegensatz zum Laserstrahl gleichmässig in alle Richtungen ausbreiten.

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