Ein tolles Weihnachtsgeschenk – viel Neuschnee im Westen und Norden … ¶
… aber mit Sturm und schwacher Altschneedecke kritische Lawinensituation. Die grossen Neuschneemengen im Westen und Norden führten vor und während der Weihnachtstage zu einer kritischen Lawinensituation und verbreitet grosser Lawinengefahr (Stufe 4).
Im Westen und Norden anhaltende und intensive Schneefälle ¶
Nach einem recht sonnigen Tag setzten am Samstagabend, 21. Dezember aus Nordwesten die angekündigten Niederschläge ein. Die Schneefallgrenze kletterte zuerst von rund 1000 m auf knapp 2000 m an (Beobachter meldeten sogar eine Schneefallgrenze im Westen bis 2400 m). Am Sonntag sank sie dann rasch bis in tiefe Lagen (vgl. Abbildung 1), wo sie bis zum Niederschlagsende am Dienstag, 24. Dezember im Wesentlichen verharrte.
Von Samstagabend bis Dienstagmorgen fielen die, in Abbildung 2 dargestellten Schneemengen. Am meisten Schnee fiel in den üblichen (Nordwest-)Staugebieten entlang des nördlichen Alpenkammes vom Unterwallis bis in die Glarner Alpen und im Gotthardgebiet mit verbreitet 100 bis 150 cm. Deutlich weniger Neuschnee fiel dagegen vom Alpsteingebiet über Liechtenstein bis nach Nordbünden mit 30 bis 60 cm. Am Alpensüdhang und in Südbünden fiel weniger Schnee.
Die 24-Stunden-Schritte bis jeweils am Morgen 8 Uhr sind in Abbildung 3 zu finden.
Die Niederschläge waren oft anhaltend und intensiv. Die intensivste Phase war am Montagvormittag, 23. Dezember entlang des Nördlichen Alpenkammes im Unterwallis und Berner Oberland, wo in 6 Stunden rund 50 cm Neuschnee fiel.
Mit der tiefen Schneefallgrenze fiel Schnee bis ins Mittelland und auch in den Voralpen und im Jura wurde es winterlich. So erreichte die Schneehöhe im Jura und in den Voralpen 50 cm, auf den etwas höheren Voralpengipfeln bis 80 cm (vgl. Abbildung 4).
Die Schneefälle waren begleitet von starkem bis stürmischem Wind, zuerst aus westlichen, dann aus nördlichen Richtungen. Damit entstanden in den Hauptniederschlagsgebieten umfangreiche Triebschneeansammlungen bis in den Bereich der Waldgrenze. Luvseitige Hänge, Rücken und Kuppen wurden schneefrei gefegt.
Nach diesen Schneefällen lag in den Hauptniederschlagsgebieten deutlich mehr Schnee als sonst um diese Jahreszeit. Gegen Süden hin, am Alpensüdhang und im Engadin blieben die Schneehöhen mit weniger Niederschlag für die Jahreszeit unterdurchschnittlich (vgl. Abbildung 5).
Schneedecke und Lawinengefahr ¶
Altschneeproblem:
Die ausgeprägten Schwachschichten im oberen und mittleren Teil der meist noch dünnen Schneedecke vor dieser Niederschlagsperiode waren ein schlechtes Omen: Die Auslösung von grossen oder sogar sehr grossen Lawinen war vor allem in diesen Schichten zu erwarten (vgl. Abbildung 6).
Solche ausgeprägten Schwachschichten, die aus aufbauend umgewandelten, kantigen Kornformen bestehen, können über Wochen oder sogar Monate bestehen bleiben. Je weniger tief sie «begraben» sind, desto einfacher sind Lawinen durch Personen auslösbar. Auf die aktuelle Situation übertragen bedeutet dies: Die mächtige Überlagerung der langlebigen Schwachschichten in den neuschneereichen Gebieten führt zu einer Abnahme der Auslösewahrscheinlichkeit durch Personen und zu einer Abnahme der Lawinengefahr. Kritischer ist dies im südlichen Wallis, sowie vom nördlichen Tessin über Nordbünden bis ins Unterengadin, wo der schwache Altschnee nur von rund 50 bis 80 cm Schnee überlagert wird. Dort bleibt die Auslösewahrscheinlichkeit durch Personen länger erhöht und die Lawinengefahr nimmt nur sehr langsam ab. Die ausgelösten Lawinen können gross werden. Südlich davon, in Mittel- und Südbünden und im mittleren Tessin, liegt nach wie vor wenig Schnee. Dort ist die dünne Altschneedecke meist komplett aufbauend umgewandelt und locker. Dort, wo mit dem starken Nordwind Triebschneeansammlungen auf dem schwachen Altschnee abgelagert wurden, sind und bleiben diese aber störanfällig. Lawinen können auch dort gefährlich gross werden (vgl. Abbildung 7).
Neu- und Triebschneeproblem:
Mit den anhaltenden und oft intensiven Schneefällen und dem starken bis stürmischen Wind ist davon auszugehen, dass sich immer wieder neue Instabilitäten in den Neu- und Triebschneeschichten bildeten und zu spontanen oder durch Personen auslösbare Lawinen führten (vgl. Abbildung 8). Diese Instabilitäten sind aber im Gegensatz zu Schwachschichten des Altschneeproblems eher kurzlebig und stabilisieren sich relativ rasch (Stunden bis einige Tage).
Gleitschneeproblem:
In den schneereichen Gebieten nahm die Zahl der Gleitschneelawinen (vgl. Abbildung 9) in dieser Periode zu, so dass sie für den Weihnachtstag im Lawinenbulletin aufgenommen wurden.
Im Lawinenbulletin wurde vor allem in den Hauptniederschlagsgebieten am Sonntag, 22. Dezember ein deutlicher Anstieg der Lawinengefahr beschrieben und in der Nacht zum Montag, 23. Dezember ein Erreichen der Stufe 4 (gross). Betroffen waren im Wesentlichen die meisten Gebiete des Nördlichen Alpenkammes, des Wallis und des Gotthardgebietes. Sonst war verbreitet ein Anstieg auf die Stufe 3 (erheblich) prognostiziert (vgl. Gefahrenentwicklung unten an der Seite). Mit wenigen Anpassungen galt auch für den Dienstag dieselbe Prognose. Auf den Weihnachtstag wurde verbreitet Stufe 3 (erheblich) prognostiziert. Für die Auslösung durch Personen wurde die Situation vom südlichen Wallis über das nördliche Tessin bis nach Nordbünden am kritischsten beurteilt (vgl. oben «Altschneeproblem»).
Lawinenaktivität ¶
Bereits in der Nacht zum Sonntag, 22. Dezember setzte spontane Lawinenaktivität ein, wie Lawinendetektionssysteme aufzeigten. Zunächst waren die Lawinen eher klein, wurden dann aber mit zunehmendem Neuschnee rasch grösser. Am Montag, 23. Dezember gingen die ersten Meldungen von sehr grossen, spontanen Lawinen ein. Mit zunehmender Sicht am Dienstag im Westen und am Weihnachtstag im Osten war das «Einsammeln von Lawinen» bis zum Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass längst nicht alle Lawinen beobachtet und gemeldet werden. Die Abbildung 10 zeigt den Stand eingegangener Meldungen zum Redaktionsschluss am Mittag des Weihnachtstages.
Qualitativ kann die Lawinenaktivität wie folgt zusammengefasst werden:
- Die Lawinenaktivität war in den Hauptniederschlagsgebieten gross.
- Mit Kälte und tiefer Schneefallgrenze waren die Lawinen trocken.
- Es gingen viele spontane mittlere und grosse, am Montag und Dienstag auch vermehrt sehr grosse Lawinen ab.
- Die Sprengerfolge waren oft sehr gut und lösten Brüche im schwachen Altschnee aus.
- Es gab viele Brüche im schwachen Altschnee und damit grossflächige Anrisse.
- Die Aktivität von Gleitschneelawinen nahm zu.
Lawinenunfälle ¶
Bis zum Redaktionsschluss wurden die in Abbildung 11 dargestellten Lawinen bekannt. In Arosa kam am Montag, 23. Dezember eine Person in einer Lawine ums Leben.
Zum Schluss: ¶
Kritisch bleibt die Lawinensituation vor allem im südlichen Wallis, sowie vom nördlichen Tessin über Nordbünden bis ins Unterengadin. Wir empfehlen grosse Vorsicht und defensive Routenwahl …
… und wünschen eine tolle, unfallfreie Zeit im Schnee!
Gefahrenentwicklung
Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.