AvaBlog 11. - 14. Februar 2025

Frau Holle auf Kurzbesuch: Viel Neuschnee im Norden

Viel Neuschnee bis in tiefe Lagen brachte am Alpennordhang kurzzeitig winterliche Verhältnisse im Flachland und liess die Lawinengefahr markant ansteigen. Vor der aktuellen Berichtsperiode hatte sich das Altschneeproblem schneller entschärft als erwartet.

Bild 1 von 12
Bis Freitagmorgen (14.02.) fielen im westlichsten Unterwallis und am Alpennordhang 30 bis 40 cm Neuschnee. Hier in La Forcle (2166 m, Leytron, VS) sind der Neuschnee und die Spuren des starken Windes sichtbar. (Foto: R. Richard, 14.02.2025)
Bild 2 von 12
Nach den letzten Schneefällen vom 25. bis 29. Januar hatte sich vor allem südlich der Rhone, im Tessin und im Graubünden verbreitet ein Altschneeproblem eingestellt. Diese mittelgrosse Lawine im Nordwesthang des Bec de la Montau wurde vom vierten Skifahrer im Altschnee ausgelöst (2922 m, Hérémence, VS). (Foto: E. Müller, 01.02.2025)
Bild 3 von 12
Die Kombination aus Neuschnee und Wind der letzten Niederschläge sowie eine schwache Altschneedecke führten am Wochenende vom 01.02. auf den 02.02. zu mehreren Lawinenauslösungen durch Skifahrer, wie hier im Vallon de Réchy (2623m, Mont-Noble, VS). (Foto: K. Haghighat, 02.02.2025)
Bild 4 von 12
Diese Lawine wurde von einer Tourengehergruppe am Piz Turettas (2963 m, Val Müstair, GR) fernausgelöst. Glücklicherweise fuhren sie auf dem Rücken rechts im Bild und niemand wurde mitgerissen (Foto: Y. Schulz, 03.02.2025).
Bild 5 von 12
In dieser Berichtsperiode wurden auch mehrere Gleitschneelawinen gemeldet. Diese grosse Lawine löste sich spontan am Südwesthang des Risihorns auf rund 2300 m (Bellwald, VS). (Foto: H. Gorsatt, 07.02.2025)
Bild 6 von 12
Am 14. Februar waren die Sprengaktionen im frischen Neuschnee sehr erfolgreich, wie hier am Mont-Fort (3329 m, Nendaz, VS). (Foto: L. Pollmann, 14.02.2025)
Bild 7 von 12
Die letzten Niederschläge haben die Skifahrer glücklich gemacht! (Beckenried, UR). (Foto: T. Schneidt, 14.02.2025)
Bild 8 von 12
Aber Vorsicht! Mit dem Neuschnee wurde verbreitet die Stufe 3 (erheblich) erreicht. Diese grosse Schneebrettlawine wurde von einem Skifahrer in einem extrem steilen Hang bei Pointe Ronde ausgelöst (2700 m, Martigny-Combe, VS). (Foto: B. Soufflot, 14.02.2025)
Bild 9 von 12
Aber zum Glück konnte die Person ihren Airbag ziehen und wurde nicht verschüttet (Foto B. Soufflot, 14.02.2025).
Bild 10 von 12
Diese kleine Lawine wurde fernausgelöst in einem sehr steilen Hang durch einen Skifahrer. Zudem wurden während des Aufstiegs zahlreiche Alarmzeichen beobachtet. Im Hintergrund ist der Six du Doe zu sehen (2725 m, Fully, VS). (Foto: V. De La Baume)
Bild 11 von 12
Eine weitere Lawine mittlerer Grösse, die von einem Schneesportler im frischen Neuschnee ausgelöst wurde, auf der Mägisalp (ca. 2000m, Hasliberg, BE). (Foto: M. Thurmann, 14.02.2025)
Bild 12 von 12
Der Nordwind blies stark über den Alpenhauptkamm und südlich davon. Schneefahnen auf den Kämmen der Alpe di Categn (2300m, Onsermone, TI). (Foto: M. De Zaiacomo, 14.02.2025)

Entwicklung des Altschneeproblems im Wallis, Tessin und Graubünden in den letzten 2 Wochen

Im letzten Avablog wurde das akute Altschneeproblem von Ende Januar beschrieben. Während dem Schneefall sind besonders am 28. Januar sehr viele grosse und vereinzelt auch sehr grosse Lawinen spontan abgegangen. Der Lawinenwarndienst ging damals davon aus, dass das Altschneeproblem sich nur sehr langsam beruhigen würde. Überraschenderweise nahm die Anzahl der Lawinen, die von Personen im Altschnee ausgelöst wurden, aber relativ rasch ab (Abbildung 1).

 

Die abnehmenden Lawinenmeldungen (Abbildung 2) liessen darauf schliessen, dass einerseits die Anzahl Gefahrenstellen, an denen Lawinen im Altschnee ausgelöst werden konnten rasch abgenommen hat. Andererseits waren die Anrisse der Lawinen meist auch nicht mehr so grossflächig wie noch während, oder kurz nach dem Niederschlag. Eine solche Abnahme der Anzahl Gefahrenstellen kann entweder durch eine Änderung der Eigenschaften der Schwachschicht oder des darüberliegenden «Schneebretts» liegen. Vermutlich lag in diesem Fall eine Veränderung der Eigenschaften des Schneebretts dem Rückgang zu Grunde.

Der gebundene Neuschnee von Ende Januar, der eine verbreitet sehr ungünstige, kantig aufgebaute Altschneedecke überlagerte, wurde nach dem Ende des Schneefalls während den darauffolgenden kalten, klaren Nächten vermutlich ebenfalls rasch aufbauend umgewandelt. Dadurch wurde aus der gebundenen Neuschneeschicht eine ebenfalls relativ lockere Schicht aus kantigen Kristallen. Damit war die instabile Kombination Schwachschicht-Schneebrett nicht mehr so verbreitet vorhanden. Brüche in der Schneedecke konnten dadurch einerseits nicht mehr so einfach initiiert werden und sich andererseits auch nicht mehr so gut ausbreiten, wie kurz nach dem Schneefall. Wieso diese aufbauende Umwandlung schneller vonstatten ging als erwartet ist nicht abschliessend geklärt.

 

Mit der aufbauenden Umwandlung des «Schneebretts» nahm die Anzahl Gefahrenstellen deutlich ab. Vereinzelt war die Kombination «Schwachschicht-Schneebrett» aber auch 2 Wochen nach dem Ende des Niederschlags noch sehr instabil vorhanden. So wurde z.B. am Dienstag, 11. Februar im Münstertal eine grosse Lawine von Personen fernausgelöst. Dieser Abgang löste noch 2 weitere Schneebrettlawinen in benachbarten Hängen aus (Abbildung 3). Ein Schneeprofil, welches am gleichen Tag ein paar Kilometer weit entfernt aufgenommen wurde (Abbildung 4.2), zeigt stark aufgebaute, weiche, bodennahe Schichten aus grossen Becherkristallen (Schwachschicht) und bereits etwas aufgebaute, ebenfalls relativ weiche darüberliegende Schichten (Schneebrett). Die variablen Resultate der Stabilitätstests zeigen, dass die Kombination «Schwachschicht-Schneebrett» in diesem Fall nicht ideal für eine Bruchbildung war.


Der Lawinenabgang am Piz Minschuns beweist, dass die Anzahl der Gefahrenstellen zwar deutlich abgenommen hat, Lawinenauslösungen von erschreckendem Ausmass im Altschnee aber vereinzelt weiterhin möglich waren. Risikomindernde Massnahmen, wie Einzelabfahrten in steilen Hängen werden deshalb auch bei latenten Altschneeproblemen dringend empfohlen.

 

Bild 1 von 3
Abbildung 4.1.: Klares Zeichen für einen schwachen Schneedeckenaufbau. Zu Fuss sank man im Münstertal (Val Müstair, GR) am 11.02. teilweise bis zum Boden durch. (Foto: SLF/T. Stucki)
Bild 2 von 3
Abbildung 4.2.: Dieses Schneeprofil wurde am Tag der Lawinenauslösung am Piz Minschuns (Abbildung 3) in der gleichen Region aufgenommen. Man sieht deutlich das schwache Fundament aus grossen (2-5 mm) Becherkristallen (Schwachschicht) und die darüberliegenden etwas kompakteren, aber auch bereits wieder leicht aufgebauten, Schichten (Schneebrett).
Bild 3 von 3
Abbildung 4.3: Extended Column Test. Durch Belastung wurde ein Bruch in der bodennahen Schwachschicht initiiert. Der Bruch breitete sich durch die zuvor freigestellte Schneesäule aus und der Block (das «Schneebrett») rutschte ab. (Foto: SLF/M. Schupbach)

Neuschnee im Westen und Norden, starker Nordwind im Süden

Vom Dienstag, 11. Februar bis am Donnerstagmorgen 13. Februar war das Wetter oft bewölkt und vor allem im westlichsten und nördlichen Unterwallis fiel mit wenig Wind etwa 20 cm Neuschnee. Am Donnerstagnachmittag intensivierte sich der Niederschlag und breitete sich auf den gesamten Alpennordhang aus. Bis am Freitag, 14. Februar fielen im westlichsten Unterwallis und am Alpennordhang verbreitet 30 bis 40 cm, vom Haslital bis in die Glarner Alpenteils bis 50 cm Schnee. Auch im südlichen Wallis, im Gotthardgebiet und in Nordbünden fielen teilweise 10 bis 20 cm Schnee (Abbildung 5). Die Schneefallgrenze sank in der Nacht auf Freitag von rund 1500 m rasch in tiefe Lagen. Wegen der grossen Neuschneemengen wurde am Alpennordhang verbreitet vor erheblicher Lawinengefahr gewarnt. Der Neu- und Triebschnee war teilweise leicht auslösbar. 

 

Am Freitagmorgen drehte der zuvor mässige Westwind auf Nord und blies vor allem am Alpenhauptkamm und südlich davon stark. Der starke Wind verfrachtete im Wallis, im Tessin und in Graubünden lockeren Altschnee und wo vorhanden zusätzlich auch noch den Neuschnee. Der Triebschnee war auf der schwachen Altschneedecke vermutlich leicht auslösbar. Es wurde erwartet, dass solche Lawinen in den schwachen Altschnee durchreissen können. Bis zum Redaktionsschluss gab es diesbezüglich allerdings noch keine Rückmeldungen aus dem Gelände.

Lawinenunfälle

Für die Berichtsperiode vom 11. bis zum 14. Februar waren dem Lawinenwarndienst bis zum Redaktionsschluss keine Lawinenunfälle mit verschütteten Personen bekannt.

Am 30.01. ereignete sich in der Region Davos ein Lawinenunfall bei der zwei Personen ganz verschüttet wurden und in der Folge verstarben.

Gefahrenentwicklung

Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.

 

den nächsten AvaBlog öffnen