Ein Lebenszeichen vom Winter ¶
Nach Tagen mit sehr milden Temperaturen meldete sich zum Wochenberichtsende Väterchen Frost mit einem Wintergruss zurück. Die Temperaturen sanken um fast 10 °C auf Werte, die für die Jahreszeit normal sind. In dieser Wochenberichtsperiode gab es nur wenige Lawinen und kaum Unfälle. Waren die Verhältnisse so günstig oder waren wegen dem Bruchharst wenig Leute unterwegs?
Temperaturentwicklung und Einfluss auf die Schneedecke ¶
In der letzten Wochenberichtsperiode stieg die Schneefallgrenze auf 2400 m bis 2800 m an. Die Schneedecke wurde in den Hauptniederschlagsgebieten (Wallis, Alpennordhang und Nordbünden) an Nordhängen unterhalb von etwa 2000 m und an Südhängen unterhalb von etwa 2400 m vollständig durchfeuchtet und war in der Folge 0°C-isotherm. Oberflächlich wurde die Schneedecke bis in Höhenlagen von 2800 bis 3300 m angefeuchtet. In der Folge blieb es sehr mild (vgl. Abb. 1), aber in den klaren und zu dieser Jahreszeit langen Nächten gefror die angefeuchtete Schneeoberfläche zu einer Kruste.
Diese Kruste an der Schneeoberfläche hatte verschiedene Ausprägungen. In den Hauptniederschlagsgebieten des Westens und Nordens war sie meist sehr dick und tragfähig, teils sogar sehr eisig und glasig (Abb. 2). In den Gebieten, wo weniger Niederschlag fiel, war die Kruste dünn und nicht tragfähig – klassischer Bruchharst entstand.
Welchen Einfluss hatte der Regen auf das Altschneeproblem? ¶
Dort wo sehr viel Niederschlag fiel, insbesondere im westlichsten Unterwallis und am Alpennordhang wurde das ohnehin schon nur schwach ausgeprägte Altschneeproblem (die bodennahen Schwachschichten waren hier zwar vorhanden, aber oft sehr dünn und schon tief in der Schneedecke begraben) wohl vollständig «saniert» (Abbildung 3).
Auf der Gegenseite dürften vor allem in den inneralpinen Gebieten Graubündens, wo deutlich weniger Niederschlag fiel, vor allem an West-, Nord- und Osthängen oberhalb von etwa 2400 m weiterhin Lawinenauslösungen im Altschnee möglich sein. Meldungen solcher Altschneebrüche waren zwar selten, allerdings waren wohl aufgrund der gerade in diesen Gebieten sehr schlechten Schneebedingungen (Bruchharst) nur wenig Leute in diesen Hängen unterwegs.
Bleibt noch das Wallis: dort fiel auch viel Regen, allerdings war der Schneedeckenaufbau gerade im zentralen Wallis und im südlichen Oberwallis vor dem Regen teils sehr schwach. Es liegt also eine vielerorts dicke Regenkruste auf einer schwachen Altschneedecke. Ob der schwache Altschnee für Personenauslösungen noch relevant ist, war zu Redaktionsschluss nicht ganz klar (Abb. 5).
Lawinen und Entwicklung der Lawinengefahr ¶
Der starke Regen und der anschliessende Übergang zu sonnigem, trockenem Wetter war für die Entwicklung der Lawinengefahr günstig. In den langen, klaren Nächten konnte die Schneeoberfläche trotz den milden Temperaturen gut gefrieren und sich verfestigen. Die Lawinengefahr ging von gross (Stufe 4) der letzten Wochenberichtsperiode zurück bis auf gering und mässig am Dienstag, 4. Januar. Auch der starke Westwind, welcher vor allem am Montag, 3. und Dienstag, 4. Januar blies, vermochte daran kaum was zu ändern. Er konnte höchstens in sehr hohen Lagen noch wenig Schnee verfrachten, die harte Kruste vermochte er nicht zu zerstören.
Die Lawinenaktivität war klein. Es wurden einige Gleitschneelawinen beobachtet, wobei die Aktivität nach den Niederschlägen deutlich abnahm. Am 31. Dezember wurden zwei Lawinen mit erfassten Personen registriert, wobei beide Unfälle glimpflich ausgingen (vgl. Abb. 4).
Neuschnee und Anstieg der Lawinengefahr am Mittwoch, 5. und Donnerstag, 6. Januar ¶
Mit einem markanten Kaltlufteinbruch meldete sich der Winter am Mittwoch und Donnerstag zurück. Im Westlichsten Unterwallis, am Alpennordhang und in Nordbünden fielen 20 bis 40 cm, sonst 10 bis 20 cm Schnee. Ganz im Süden fiel nur wenig Schnee (Abb. 6). Die Lawinengefahr stieg im Norden aufgrund des Neuschnees auf erheblich, in Nord- und Mittelbünden war der Triebschnee verbunden mit dem schwachen Altschnee ausschlaggebend ebenfalls für erhebliche Lawinengefahr.
Schneelage ¶
Es lag wenig Schnee für die Jahreszeit. Die Schneehöhen erreichten im Norden dank des Neuschnees vom Ende dieser Wochenberichtsperiode knapp durchschnittliche Werte, im Süden blieben sie unterdurchschnittlich. Vor dem Schneefall gab es vereinzelt sogar Rekordwerte, so lag beispielsweise in Robiei auf 1890 m an einem 4. Januar noch nie so wenig Schnee in der 52-jährigen Messreihe. Gerade mal 7 cm wurden am 4. Januar 2022 gemessen. Durchschnittlich liegen in Robiei zu diesem Datum 107 cm, maximal lagen 250 cm an diesem Datum.
Gefahrenentwicklung
Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.