Wochenbericht 29. März - 04. April 2019

Perfekte Frühlingsverhältnisse, dann Starkschneefälle und grosse Lawinengefahr

In den ersten fünf Tagen dieser Berichtswoche waren die Tourenverhältnisse sehr günstig, da das Bergwetter und die Lawinensituation weitgehend stabil waren. Am Ende führten Starkschneefälle aus Süden und starker Wind zu einem markanten Anstieg der Lawinengefahr und gebietsweise grosser Lawinengefahr und Lawinenaktivität.

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Abgesehen von einigen Nass- und Gleitschneelawinen waren die Tourenverhältnisse in dieser Berichtswoche meist günstig. Zum Beispiel bei der Abfahrt von der Schlossberglücke zwischen Schlossberg (3133 m) und Gross Spannort (3198 m) in Richtung Erstfeldertal (UR) am Freitag, 29.03. (Foto: H.M. Henny).
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Gleitschneelawinen entstehen, wenn Wasser an der Grenzschicht zwischen Schneedecke und Untergrund zu einem Reibungsverlust führt und die Massen dadurch ins Gleiten kommen. Oft wird dieses Wasser durch Kapillarkräfte dem Erdreich entzogen. In diesem Fall an den Dents du Midi (3258 m, VS) muss hingegen alles von oben eingedrungen sein (Foto: J.-P. Wagnières, 27.03.2019).
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Mit den zunehmend frühlingshaften Temperaturen zog es die Tourengänger immer weiter ins Hochgebirge. Diese eindrückliche Kulisse aus Fels und Eis bot sich am Freitag, 29.03. bei der Begehung des Unteren Grindelwaldgletschers (BE) im Berner Oberland (Foto: L. Hofer).
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An den Südexpositionen war die Schneedecke bereits am Wochenende bis in hohe Lagen durchfeuchtet, wie diese Nassschneelawine am Südwesthang des 2973 m hohen Chastelhorns über dem Urserental (UR) zeigte. Sie wurde am Freitag, 29.03. fotografiert, war aber schon einige Tage alt (Foto: R. Imsand).
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Auch im Osten der Schweizer Alpen wurde in Schattenlagen teils noch Pulverschnee gefunden: Skidepot am oberen Ende des Chammgletscher im Silvrettagebiet (GR) auf gut 3000 m Höhe (Foto: T. Wälti, 29.03.2019).
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Ungewöhnlicher Böschungsrutsch: Auf Läriboden (1700 m) bei Braunwald (GL) wurde am Samstag, 30.03. dieser Rutsch an einem Südhang durch einen Skifahrer ausgelöst. Dabei glitt die Schmelzharschkruste ab (Foto: J. Apolloni).
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Der leicht stiebende Schnee lässt erahnen, dass sich auch auf der Nordwestseite des Taleggligrat (2505 m) über dem Gadmertal (BE) noch lockerer Schnee finden liess. Die leichten Schneefahnen am Kamm waren ein Hinweis dafür, dass lokal noch kleine Triebschneeansammlungen vorhanden waren (Foto: L. Hofer, 30.30.2019).
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Exponierte Lunchpause auf dem 3194 m hohen Bortelhorn über dem Gantertal (VS). Im Hintergrund (rechts) das felsige Wasenhorn (3245 m), der weisse Rücken (links) des Chaltwassergletschers Richtung Monte Leone (3553 m) und ganz hinten die Nordostwand des 3927 m hohen Fletschhorns (Foto: P. Schwitter, 30.03.2019).
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Nassschneelawine mit Waldschaden am Samstag, 30.03. oberhalb Alvaneu Dorf im Albulatal (GR). Die für Nassschneelawinen typischen "Knollen" sind sehr dicht und haben dementsprechend auch viel Wucht bei einem Abgang (Foto: R. Meister, 30.03.2019).
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Im Schatten war es wohl angenehm kühl für den langen Anstieg zum 3027 m hohen Surettahorn am Splügenpass (GR; Foto: S. Bernhard, 30.03.2019).
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Ungewöhnliche Kulisse bei der Ostabfahrt vom Sentischhorn (2826 m) ins Flüelatal (GR): Am Gegenhang sind die Ablagerungen des Felssturzes (18.03.) und der dadurch ausgelösten Lawine am Flüela Wisshorn (3085 m) noch immer gut erkennbar (Foto: SLF/D. Liechti, 31.03.2019).
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Schönstes Winterwetter, sehr günstige Lawinenverhältnisse sowie Spuren, wo man sie nicht jeden Winter sieht. Blick über das Schlappintal (GR) zu den 2859 m hohen Fergenhörnern (Foto: F. Juen, 31.03.2019).
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Viel Eis im Hochgebirge: Viele Hochtouren-Klassiker, im Bild von rechts nach links Grünegghorn (3860 m), kleines (3913 m) und grosses (4044 m) Grünhorn, aufgenommen vom Konkordiaplatz, hatten nach den niederschlagsarmen Wochen bereits Blankeis. Etwas Schneefall würde sowohl die Tourengänger als auch die Gletscher freuen (Foto: R. Imsand, 31.03.2019).
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Traumhafte Aussicht als Belohnung für die etwa 1900 Höhenmeter Aufstieg vom Lai da Marmorera auf den 3392 m hohen Piz Platta am Sonntag, 31.03 (Foto: SLF/T. Stucki).
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Mit den milden Temperaturen stieg im Verlauf der Berichtsperiode auch die Aktivität von Nass- und Gleitschneelawinen etwas an. Dieser Kegel einer Gleitschneelawine wurde am Montag, 01.04. am Südosthang des Fisetengrates (UR) auf einer Höhe von gut 2000 m beobachtet (Foto: A. Schmidt).
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Beeindruckender Tiefblick vom 4274 m hohen Finsteraarhorn (BE/VS) über Finsteraargletscher und Scheuchzerhorn (3456 m) bis ins Gotthardmassiv (Foto: R. Imsand, 01.04.2019).
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Blick vom 3077 m hohen Chüealphorn (GR) zum Piz Vadret (3229 m), welcher vom Engadin her bestiegen werden kann (Foto: R. Meister, 01.04.2019).
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Am Balmhorn (3698 m) zwischen Lötschepass und Kandertal (BE) traf man am Montag, 01.04. ebenfalls auf abgeblasene Blankeis-Rücken, welche den Aufstieg erschwerten (Foto: T. Good).
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An der Nordwestseite des 2941 m hohen Daubenhorns über dem Gemmipass (VS) wurde am Montag, 01.04. diese mittlere Gleitschneelawine aufgenommen (Foto: T. Good).
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Steiler Grat-Aufschwung zum Piz Vial (3168 m, GR). Die südexponierte Gipfelflanke scheint guten Trittschnee gehabt zu haben (Foto: T. Wälti, 01.04.2019).
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Dank der Zeitumstellung bleibt es am Abend länger hell. Motivierte konnten dieses zusätzliche Licht für Feierabend-Touren nutzen, wie hier am Pischagrat in Davos (GR) am Dienstag, 02.04, als die aufziehenden Wolken für eine dramatische Stimmung sorgten (Foto: SLF/V. Feicht).
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Rückkehr des Winters zum Ende der Berichtswoche: Auf dem Messfeld in Sedrun (1420 m, GR) fielen bis Donnerstagvormittag, 04.04. rund 60 cm Schnee (Foto: N. Levy).

Wetter- und Lawinensituation

Freitag, 29.03. bis Dienstag, 02.04.2019: Viel Sonne und günstige Lawinensituation

Bei steigenden Temperaturen war es von Freitag bis Montag nach klaren Nächten in den Bergen jeweils sehr sonnig und mit meist schwachem bis mässigem Südwind frühlingshaft mild (Nullgradgrenze bei 2500 bis 2800 m).  Am Dienstag war es nach klarer Nacht im Jura und in den Voralpen noch recht sonnig während es in den übrigen Schweizer Alpen zeitweise dichter bewölkt und nur noch teils sonnig war. Am Nachmittag setzte im Süden oberhalb von rund 1800 m schwacher Schneefall ein.

An steilen, windgeschützten Nordhängen lag teils noch Pulverschnee (Abbildung 1). In Kammlagen und im Hochgebirge bildeten sich mit dem Südwind lokal kleine Triebschneeansammlungen. Sonst war die Schneedecke verbreitet günstig und stabil. Die Gefahr für trockene Lawinen war überall gering (Stufe 1).

Die Gefahr für Nass- und Gleitschneelawinen stieg jeweils im Tagesverlauf an, verbreitet auf Stufe 2. An sehr steilen Hängen sulzte die Schneeoberfläche auf, jeweils zunächst am Vormittag an den Ost- und Südhängen, dann im weiteren Tagesverlauf auch an Westhängen. Es gingen einige, meist kleine bis mittlere Nass- und Gleitschneelawinen nieder. Sehr vereinzelt wurden grosse Gleitschneelawinen beobachtet (Abbildung 2).

Mittwoch, 03.04. bis Donnerstag, 04.04.2019: Mit ergiebigen Schneefällen markanter Anstieg der Lawinengefahr

Am Mittwoch war es im Süden, im Jura, im Oberwallis und im Engadin meist bewölkt. Weiter nördlich war es mit mässigem Südföhn zeitweise sonnig. Vor allem am Oberwalliser Alpenhauptkamm und im nördlichen und mittleren Tessin fiel Niederschlag. Die Schneefallgrenze lag zunächst bei 1600 bis 2000 m. Am Mittwochabend intensivierten sich die Stauniederschläge im Süden und in der Nacht auf Donnerstag griffen sie auch auf die nördlichen Gebiete über. Die Schneefallgrenze sank im Norden bis in tiefe Lagen, im Süden und im Osten lag sie bei 1200 bis 1500 m. Insgesamt fielen vom Dienstag- bis Donnerstagnachmittag im Süden, im Gotthardgebiet und in der Zentralschweiz 70 bis 100 cm, gebietsweise bis 150 cm Schnee oberhalb von rund 2000 m (Abbildung 3).

 

Besonders in der Nacht auf Donnerstag waren die Schneefälle sehr intensiv und ergiebig. Es wurden aber keine 24h-Neuschneerekorde erreicht. Auf dem Messfeld auf der Göscheneralp (UR, 1550 m) wurden am Donnerstagmorgen 90 cm Neuschnee gemessen. Das entspricht dem 4. Rang der 24h-Neuschneemenge seit Messbeginn dieser Station im Jahr 1988 (jeweils 110 cm wurden am 01.04.1992 und am 16.04.1999 und 100 cm am 30.10.2008 gemessen).

Starker bis stürmischer Südwind verfrachtete den Neuschnee in den Hauptniederschlagsgebieten  intensiv. Ausser an Nordhängen fielen der Neu- und Triebschnee auf eine meist günstige Schneeoberfläche und Altschneedecke. An Nordhängen war die Schneeoberfläche stellenweise kantig aufgebaut und locker und zudem waren tiefer in der Schneedecke stellenweise kantig aufgebaute, weiche Schichten eingelagert.

Die Lawinengefahr stieg ab Mittwoch an, in der Nacht auf Donnerstag auf die Stufe gross (Stufe 4), dies am Alpenhauptkamm vom Oberwallis bis ins Berninagebiet sowie südlich davon und in den nördlich angrenzenden Gebieten. Aus dem Aletsch- und Gotthardgebiet wurden spontane Lawinen gemeldet, die bereits in der Nacht auf Donnerstag niedergingen. Am Donnerstagmorgen wurden weitere, teils sehr grosse Lawinenabgänge aus dem Reusstal und aus den östlichen Berner Alpen gemeldet. Die Lawinenmeldungen waren bis zum Redaktionsschluss dieses Berichtes aber noch unvollständig.

Schneelage

Vor den Niederschlägen vom Mittwoch, 03.04. und Donnerstag, 04.04. lagen die Schneegrenzen an Nordhängen in den nördlichen Schweizer Alpen sowie im Jura bei 1000 bis 1400 m, in den südlichen Schweizer Alpen bei 1600 bis 1800 m. An Südhängen lagen die Schneegrenzen rund 500 m höher (Abbildung 4). Die Durchfeuchtung der Altschneedecke war an steilen Südhängen bis auf rund 3000 m, an Ost- und Westhängen bis auf rund 2300 m fortgeschritten. An Nordhängen war die Altschneedecke noch meist trocken. In Abbildung 5 sind die Schneehöhen auf 2000 m am Donnerstagmorgen, 04.04. dargestellt. Sie lagen besonders in den zentralen und östlichen Gebieten der Schweizer Alpen deutlich über dem Durchschnitt.

Lawinenunfälle

In dieser Berichtswoche ereignete sich im Raum Surenenpass/Eggenmandli (Erstfeld, UR) ein Lawinenunfall mit Personenbeteiligung. Dabei wurde eine Person leicht verletzt. Der genaue Ort der Lawinenauslösung ist dem SLF nicht bekannt.

Gefahrenentwicklung

Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.

 

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