Aussergewöhnlich viel Schnee in den Bergen ¶
Wonnemonat Mai? Nicht in diesem Jahr. Es gab in vielen Gebieten zu wenig Sonne, und schweizweit war es ungewohnt kühl, wie seit 1992 nicht mehr (Klimabulletin von MeteoSchweiz). Mit oft trübem und kaltem Wetter schmolz der Schnee dieses schneereichen Winters in der Höhe ungewöhnlich langsam, und es kam auch immer wieder Neuschnee dazu. Entsprechend lag Ende Mai in hohen Lagen aussergewöhnlich viel Schnee. Erst am 31. Mai wurde das letzte, regelmässige Lawinenbulletin dieses Winters herausgegeben - auch das deutlich später als normal. Mit dem oft kühlen Wetter gingen zwar nicht allzu viele nasse Lawinen ab, aber wegen der grossen Schneemengen wurden diese teils sehr gross.
Wetter und Lawinen ¶
Donnerstag, 16. bis Sonntag, 19.05.: Im Süden Niederschlag. Im Norden meist trocken, aber trüb
Am Donnerstag, 16. war es zunächst recht sonnig, doch schon bald zogen Wolken auf. In den folgenden Tagen war es oft bewölkt, im Norden aber im Wesentlichen trocken. Im Süden staute der meist mässige Südostwind die Feuchte an den Alpen, und am Freitag, 17. setzten Niederschläge ein. Diese brachten bis am Sonntagnachmittag, 19. dem Oberwalliser Alpenhautkamm, dem Bedretto und den Maggiatälern oberhalb von rund 2500 m 20 bis 50 cm Neuschnee. Dort wurde für Samstag, 18. vor erheblicher Lawinengefahr (Stufe 3) für trockene Lawinen gewarnt. In den anderen Gebieten ging die Gefahr vor allem von frischen Triebschneeansammlungen in der Höhe aus. Zudem wurden aus dem südlichen Wallis immer noch einzelne, flächige Lawinen aus dem oberflächennahen Altschnee gemeldet (Abbildung 1). Hier war offensichtlich eine prominente, langlebige Schwachschicht eingeschneit worden. Um was es sich dabei handelte, blieb unbekannt. Vor allem am Donnerstag wurden aus dem Wallis auch nasse Lawinen gemeldet, darunter auch grosse (siehe Bildgalerie).
Montag, 20. bis Mittwoch, 22.05.: mit Regen und Schneefall teils grosse Lawinengefahr (Stufe 4) ¶
Am Montag, 20. war es stark bewölkt und verbreitet fiel Niederschlag. Ab Dienstag, 21. wurde es im Westen und Süden zunehmend sonnig. Im Osten hielten die Niederschläge noch bis in die Nacht auf Mittwoch, 22. an, und es blieb danach auch tagsüber stark bewölkt. Die Schneefallgrenze lag die ganze Zeit konstant auf 2000 bis 2300 m. Oberhalb von rund 2500 m fielen insgesamt folgende Schneemengen:
- nördliche Gebiete des westlichen und zentralen Alpennordhanges, östlicher Alpennordhang, Unterwallis, oberes Mattertal, Nordbünden: 30 bis 50 cm, in den östlichen Gebieten bis zu 70 cm
- übrige Gebiete: 15 bis 30 cm, südlich vom Alpenhauptkamm und im Simplon Gebiet weniger
In den Voralpen fielen noch deutlich grössere Niederschlagsmengen, dies aber meist als Regen. Der Wind wehte schwach bis mässig, am Dienstag im Osten vorübergehend stark aus Nord bis Nordwest.
Dauerregen und Schneefall in der Höhe liessen die Lawinengefahr stark ansteigen. Bereits für Montag wurde in einem Textbulletin vor gebietsweise erheblicher Lawinengefahr (Stufe 3) gewarnt. Für Dienstag wurde dann wieder ein Bulletin mit Gefahrenkarte herausgegeben. Dabei wurde für das Gadmertal, den zentralen und östlichen Alpennordhang ohne Voralpen sowie das nördliche Prättigau vor einer grossen Lawinengefahr (Stufe 4) gewarnt. In den übrigen Gebieten, ausser im Süden, vor erheblicher Gefahr (Stufe 3). Im Nachhinein gesehen gingen während dieser Zeit zwar viele und teils auch grosse, aber kaum sehr grosse Lawinen ab (Abbildungen 2 und 3).
Während intensiver Niederschläge erfolgt die Einschätzung der Lawinengefahr zu einem grossen Teil prognostisch, anhand der Meteomodelle. In allen anderen Fällen stützt sie sich massgeblich auf Beobachtermeldungen. Weil letztere Ende Mai kaum noch verfügbar sind, wurde bereits tags darauf wieder auf ein Textbulletin umgestellt. Eine zuverlässige Einschätzung der Gefahrenstufen wäre mit der dürftigen Datengrundlage nicht mehr möglich gewesen.
Donnerstag, 23. bis Montag, 27.05.: Zuerst sonnig, dann trüb. Nasse Lawinen.
Nach meist klaren Nächten war es am Donnerstag und Freitag, 23./24. oft sonnig und mild. Am Freitagnachmittag gab es lokale Schauer. Die Nullgradgrenze stieg bis am Freitag im Westen und Süden auf 3400 m, im Osten auf 3000 m. Der Wind wehte schwach bis mässig aus nordwestlichen Richtungen. Mit der tageszeitlichen Erwärmung und der Sonneneinstrahlung lösten sich nasse Lawinen. Dabei wurden insbesondere an Süd- und Osthängen teils flächige Abgänge beobachtet (Abbildung 4). Vereinzelt gab es aber auch an Nordhängen sehr grosse Lawinen.
Anschliessend war es bis am Montag, 27. bewölkt, mit Aufhellungen im Westen und im Süden. Vor allem zwischen Samstagnachmittag, 25. und Sonntagmorgen, 26. fiel etwas Niederschlag. Im südlichen Wallis und in Graubünden waren es oberhalb von rund 2600 m etwa 10 cm. Die Abstrahlungsverhältnisse waren in den meist bedeckten Nächten ungünstig. Mit den eher verhaltenen Temperaturen, die Nullgradgrenze lag bei rund 2700 m, war die Aktivität von nassen Lawinen aber trotzdem eher bescheiden.
Dienstag und Mittwoch, 28./29.05.: Schneefall im Norden ¶
Am Mittwoch war es im Süden teils aufgehellt, sonst war es bewölkt. Von Montagnachmittag, 27. bis Mittwoch, 29. fielen oberhalb von rund 2800 m folgende Schneemengen:
- Alpennordhang, Nordbünden, östliche Teile Mittelbündens, Engadin und Münstertal: 20 bis 40 cm, lokal auch mehr
- sonst verbreitet 10 bis 20 cm, im Oberwallis und im Tessin weniger
Die Schneefallgrenze lag zunächst auf etwa 2800 m und sank im Wallis und in Graubünden nur zögerlich ab. Im Norden sank sie in der Nacht auf Mittwoch vorübergehend auf etwa 1700 m. Der Nordwind wehte am zentralen Alpenhauptkamm und in Graubünden teils stark, sonst schwach bis mässig. Damit wurde der Neuschnee in der Höhe intensiv verfrachtet, und abermals musste vor erheblicher Lawinengefahr (Stufe 3) gewarnt werden.
Donnerstag und Freitag, 30./31.05.: Ein versöhnliches Monatsende mit Sonne und endlich Wärme
Am Donnerstag, 30. war es ganz im Osten noch bewölkt und mit einer Nullgradgrenze auf 2300 m kühl. Sonst war es sonnig. Die Nullgradgrenze stieg am Freitag, 31. im Westen auf 3500 m, im Osten auf 3000 m.
Der Nordwind wehte an beiden Tagen schwach bis mässig, im Hochgebirge lokal aber auch stark. Dort entstanden in Kammlagen lokale Triebschneeansammlungen. Sonst wurden die Lawinenverhältnisse rasch besser und am frühen Morgen herrschten verbreitet günstige Tourenbedingungen (Abbildung 5).
Mit der Erwärmung und der Sonneneinstrahlung stieg die Gefahr von nassen Lawinen im Tagesverlauf jeweils rasch an auf die Gefahrenstufe 3 („erheblich“). Mit dem vielen Schnee (siehe nächster Abschnitt) konnten nasse Lawinen nach wie vor gross oder vereinzelt sogar sehr gross werden und exponierte Teile von Verkehrswegen gefährden. Diverse Alpenpässe, aber auch kleinere Strassen und Wanderwege blieben wegen Lawinengefahr gesperrt (Abbildung 6).
Aussergewöhnlich viel Schnee in hohen Lagen ¶
Grosse mittlere Schneehöhe im Mai
Im Mai schneite es immer wieder bis in mittlere Lagen. Entsprechend waren die Neuschneesummen klar überdurchschnittlich (Abbildung 7), aber nicht rekordmässig wie die Mai-Neuschneesummen Mitte der 1980er Jahre. Ähnliches gilt für die mittlere Mai Schneehöhe, nur waren hier auch noch ein Teil der 1970er Jahre und vor allem auch der Mai 1999 sehr schneereich. Rang 1 bezüglich mittlerer Schneehöhe besetzt klar der Mai 1970. Die Ausaperung in mittleren Lagen fand damals rund 1 bis 4 Wochen später statt als im aktuellen Winter.
Bei der einzigen, langjährigen Station in hohen Lagen, dem Weissfluhjoch (2540 m), lag die mittlere Schneehöhe dieses Jahr mit rund 270 cm auf dem zweiten Rang, hinter 285 cm im Jahre 1970 und vor 258 cm im Jahr 1983. Ungewöhnlich war die Schneehöhe dieses Jahr vor allem in der zweiten Maihälfte, als an 7 Tagen die maximalen, je an diesen Kalendertagen gemessenen Schneehöhen erreicht wurden.
Fast die Hälfte (45%) der überwiegend in hohen Lagen positionierten, automatischen IMIS-Stationen registrierten dieses Jahr die höchsten, mittleren Mai Schneehöhen. Allerdings haben IMIS-Stationen mit maximal 25 Jahren noch eher kurze Messreihen. 15 % der IMIS-Stationen zeigen den Mai 1999 auf Rang 1 und 11 % (viele südlich beeinflusste Stationen) den Mai 2001.
Extreme Schneehöhen am 31. Mai ¶
Ende Mai waren die Schneehöhen in hohen Lagen aussergewöhnlich. Am Weissfluhjoch wurde ein neuer, absoluter Rekordwert für das Schneewasseräquivalent bestimmt. Die gemessenen 1313 mm bedeuten, dass man eine 1313 mm hohe Wassersäule erhält, wenn man den gesamten Schnee schmilzt, oder anders ausgedrückt: auf jedem Quadratmeter liegen 1313 kg Schnee. Der bisherige Rekord von 1280 mm stammte vom 15. Mai 1945.
Aber nicht nur am Weissfluhjoch, auch im Rest der Schweizer Alpen lag aussergewöhnlich viel Schnee. In hohen Lagen war es verbreitet doppelt bis viermal so viel wie sonst Ende Mai (Abbildung 8). Dies bedeutete an mehr als drei Viertel der Stationen mit einer Messreihe von mindestens 10 Jahren (78 von 100) den höchsten, je Ende Mai gemessenen Wert.
Lawinenunfälle ¶
In dieser Berichtsperiode wurden dem SLF keine Lawinenunfälle gemeldet.
Nächster Wochenbericht
Im Sommer erscheinen die Berichte monatlich, der nächste am Montag, 01. Juli auf Deutsch und tags darauf auf Französisch.
Gefahrenentwicklung
Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.