Von mehrheitlich günstig bis verbreitet kritisch – eine Woche der Gegensätze ¶
Eine Woche der Gegensätze: herrschten zunächst ideale Tourenbedingungen bei einer mehrheitlich günstigen Lawinensituation, endete die Woche mit Sturm, viel Neuschnee und vielerorts grosser Lawinengefahr.
Freitag, 12. bis Montag, 15.01.: Mehrheitlich günstige Lawinensituation ¶
Während im Mittelland, und am Freitag auch in mittleren Lagen, eine recht zähe Hochnebeldecke lag, war es in den Bergen bei Lufttemperaturen auf 2000 m um -4 °C sehr sonnig und fast windstill. Erst am Montag brachte das sich nähernde Sturmtief „Evi“ eine Zunahme der Bewölkung im Westen und einen sich fortlaufend verstärkenden Westwind.
Die Lawinensituation entspannte sich sehr rasch. Während sich am Dienstag, 09.01. besonders im Oberwallis noch zahlreiche grosse Lawinen spontan gelöst hatten (siehe vorheriger Wochenbericht), wurden ab Freitag kaum noch Lawinenauslösungen gemeldet. Selbst am Wochenende, als sehr viele Leute die günstigen Verhältnisse für Touren nutzten, wurde nur eine einzige, durch Personen ausgelöste trockene Lawine gemeldet (Abbildung 1). Auch Stabilitätstests bestätigten die verbreitet günstige Lawinensituation. Ausnahmen waren hier die inneralpinen Gebiete, wo an schneeärmeren Stellen bei mittleren Rutschblockstufen teils noch Brüche im Altschnee ausgelöst werden konnten (Abbildung 2). Waren zwar trockene Lawinen sehr selten, so gab es doch weiterhin einzelne, aber mittlere Grösse erreichende Gleitschneelawinen (Abbildung 3).
Das schöne Wetter hatte aber noch einen sehr bedeutenden Nebeneffekt: Durch die starke Abstrahlung der Schneedecke wandelten sich in Schattenhängen oberflächennahe, lockere Schichten aufbauend um. Zudem bildete sich vielerorts grosser Oberflächenreif (Abbildungen 4 und 5). Es musste angenommen werden, dass diese ungünstige Oberfläche eine massgebende Schwachschicht für den kommenden Schnee sein würde.
Dienstag, 16. bis Donnerstag, 18.01.: Winterstürme „Evi“ und „Friederike“ bringen viel Neuschnee und verbreitet kritische Lawinenverhältnisse ¶
In der Nacht auf Dienstag setzte Schneefall ein. Die Schneefallgrenze lag im Norden zunächst bei fast 1500 m, sank am Mittwoch in tiefe Lagen, bevor sie am Donnerstag im Norden erneut gegen 1500 m anstieg (Abbildung 6). Der Wind blies oft stark bis stürmisch aus westlichen Richtungen. Nur im mittleren und südlichen Tessin merkte man wenig vom Sturm: der Wind blies meist mässig und es schneite nur wenig. Zwischen Montagabend und Donnerstagnachmittag fielen oberhalb von 1500 m folgende Schneemengen (siehe auch Abbildung 7):
- westlichstes und nördliches Unterwallis, Lötschental, Glarner Alpen: 80 bis 120 cm
- übriger nördlicher Alpenkamm ohne Haslital, Wallis, nordwestliches Tessin, Nordbünden, nördliches Unterengadin: 40 bis 80 cm
- übriger Alpennordhang, übriges nördliches Tessin, Mittelbünden, übriges Unterengadin, Jura: 20 bis 40 cm
- Oberengadin: 10 bis 20 cm, ganz im Süden trocken
Viel Neuschnee, starker Wind und eine ungünstige Altschneeoberfläche führten verbreitet zu einem markanten Anstieg der Lawinengefahr. Bereits am Mittwoch wurde in Teilen des Unterwallis Gefahrenstufe 4 (gross) vorhergesagt, am Donnerstag dann auch in grossen Teilen des Alpennordhangs und des gesamten Wallis. Abgesehen vom Unterwallis, wo Lawinen bis in die Täler vorstossen konnten, galt dies vor allem für das alpine Schneesportgelände. Mittelgrosse spontane Lawinen wurden erwartet, am Donnerstag in Teilen des Unterwallis auch grosse Lawinen.
Es liess sich nur teilweise überprüfen, wo die Prognose zugetroffen hatte, da Skigebiete vielerorts auf Grund des Sturms geschlossen waren. Zudem waren die Sichtverhältnisse sehr eingeschränkt, womit oft keine Beobachtung möglich war. Allerdings deuteten bereits am Dienstag erste spontan abgegangene Lawinen im Wallis an, dass Neu- und Triebschnee sehr leicht auslösbar waren, und dass Lawinen mittlere Grösse erreichen konnten (Abbildung 8). Zudem wurden einige grössere spontane Lawinen am Mittwoch und Donnerstag von Radaranlagen detektiert, so bspw. in Lawinenzügen, welche die Strasse nach Zermatt (VS) beeinträchtigen können. Aber auch an der SLF-Versuchsanlage im Vallée de la Sionne (VS) wurde eine spontane Lawine detektiert. Diese erreichte eine Geschwindigkeit von über 200 km/h und wurde von den Forschern als eine der grössten, im Vallée de la Sionne registrierten Staublawinen der letzten Jahre bezeichnet (siehe Video). Auch am Grand Chavalard (Fully, VS) und im Mattertal (VS) wurden am Mittwochnachmittag grössere Staublawinen beobachtet.
Lawinenunfälle und Schadenlawinen ¶
Am Donnerstag ereignete sich ein Lawinenunfall, bei welchem zwei Personen in der Nähe von Ovronnaz, VS verschüttet wurden. Eine der beiden Person verstarb. Genauere Details zum Unfall waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
In Zermatt verschüttete eine spontan abgegangene Schneebrettlawine am Dienstag eine Skipiste. Es wurde niemand erfasst.
Gefahrenentwicklung
Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.