Recht günstige Frühlingssituation, am Schluss Schnee bis zur Waldgrenze ¶
Nach grösseren Schneefällen war die Lawinensituation zu Beginn der Berichtsperiode von Zermatt bis ins Simplon Gebiet im Hochgebirge kritisch. Sonst herrschten am Morgen jeweils recht günstige Verhältnisse, gefolgt von einem leichten Anstieg der Gefahr von nassen Lawinen im Tagesverlauf. Aufgrund nur teils klarer Nächte und abendlicher Schauer schritt die Schneeschmelze kräftig voran (Abb. 1), sodass die Schneehöhen in hohen Lagen auf jahreszeitübliche Werte sanken. Ab Montag, 14.05. liess Schneefall bis in den Bereich der Waldgrenze die Gefahr von trockenen Lawinen deutlich ansteigen.
Wetter, Schneedecke und Lawinenaktivität ¶
Freitag, 04.05. bis Sonntag, 06.05.: Ende der Schneefälle am Oberwalliser Alpenhauptkamm, dann zunehmend sonnig
In der Nacht auf Freitag endete eine längere Niederschlagsperiode, die dem Hochgebirge des Oberwalliser Alpenhauptkammes und des westlichen Tessins grössere Schneemengen brachte (siehe Wochenbericht vom 03. Mai). Alleine in der letzten Niederschlagsphase vom Mittwoch 02.05. bis in die Nacht auf Freitag, 04.05. waren oberhalb von rund 2800 m vom Monte Rosa bis ins Simplon Gebiet 40 bis 60 cm Schnee gefallen. Dort herrschten zu Beginn der Berichtsperiode im Hochgebirge winterliche Verhältnisse. Neu- und Triebschneeansammlungen waren vor allem an Nordhängen störanfällig (Abb. 2 und Fotos in der Bildstrecke).
Unter dem Neuschnee und in den übrigen Gebieten war die Schneedecke an steilen Südhängen bis ins Hochgebirge, an Nordhängen bis etwa 2400 m durchfeuchtet. Nach meist bedeckten Nächten waren sowohl der Freitag, 04.05 als auch der Samstag, 05.05. teils sonnig. Am Sonntagmorgen, 06.05. herrschten nach klarer Nacht verbreitet günstige Tourenbedingungen (Abb. 3). Mit dem im Vergleich zur letzten Wochenberichtsperiode kühlen Wetter gingen auch am Nachmittag nur sehr vereinzelt nasse Lawinen ab.
Montag, 07. bis Samstag 12.05: Frühlingsverhältnisse mit recht günstiger Lawinensituation ¶
Ab Montag, 07. Mai herrschte für fast eine Woche Tagesgangwetter. Am Morgen war es meist sonnig, dann bildeten sich Quellwolken und es kam teils auch zu Schauern und Gewittern. Wie üblich bei konvektiven Niederschlägen, fielen diese lokal sehr unterschiedlich aus. Am bedeutendsten waren sie am Anfang dieser Periode, als von Montag- und Mittwochabend oberhalb von rund 3300 m im Berner Oberland und im Unterwallis lokal bis zu 40 cm Schnee fielen.
Unterbrochen war diese Wetterlage einzig am Donnerstag, 10. Mai von einer Kaltfront, welche am Alpennordhang verbreitet 5 bis 10 cm Schnee brachte. Die Schneefallgrenze sank dabei auf etwa 2400 m. Am Freitagmorgen, 11.05. waren noch einzige Restwolken vorhanden, dann setzte sich das Tagesgangwetter wieder fort (Abb. 4). Dieses Mal aber mit nur wenig Niederschlag.
Sonntag, 13.05. bis Dienstag, 15.05.: Wintereinbruch in den Bergen und deutlicher Anstieg der Lawinengefahr ¶
Am Sonntag, 13.05.fielen am Oberwalliser Alpenhauptkamm und in den Maggiatälern im Hochgebirge etwa 10 cm Schnee. Zu Wochenbeginn wurden Bonifatius und Sophia- die letzten beiden der Eisheiligen- ihrem Ruf nicht ganz gerecht. Sie brachten im Flachland keinen Frost, aber immerhin einen Wintereinbruch in den Bergen mit Schnee bis in den Bereich der Waldgrenze. Auf Montag fielen am Oberwalliser Alpenhauptkamm und im westlichen Tessin weitere 30 cm Schnee (Bildstrecke 2, 1. Bild), auf Dienstag dann 30 bis 40 cm am zentralen und östlichen Alpennordhang (Bildstrecke 2, 2. Bild). In den Hauptniederschlagsgebieten wurde oberhalb von 2500 bis 3000 m jeweils vor einer erheblichen Gefahr (Stufe 3) von trockenen Lawinen gewarnt.
Schneelage Mitte Mai ¶
Der aussergewöhnlich warme und trockene April sowie die Anfangs Mai oft bewölkten Nächte hatten den zuvor grossen Schneehöhen arg zugesetzt. An windgeschützten Flachfeldern lag Mitte Mai auf 2000 m am Alpennordhang, in Teilen des Wallis und im westlichen Tessin noch 1 bis 2 m Schnee, in den übrigen Gebieten weniger. Oberhalb von 2000 m variierten die Schneehöhen von leicht überdurchschnittlich im Westen zu leicht unterdurchschnittlich in Graubünden (Abb. 5 und 6). Einzig in den Vispertälern und im Simplon Gebiet waren sie nach wie vor stark überdurchschnittlich.
Am 13. Mai, also vor den Schneefällen bis in den Bereich der Waldgrenze, lag die Schneegrenze an Nordhängen am Alpennordhang bei 1600 bis 1800 m, sonst bei etwa 2000 m. An Südhängen lag sie rund 500 m höher.
Schneeoberfläche im Frühling ¶
Glatte Firnspiegel, wie ihn Tourenfahrer lieben, waren diesen Frühling nur kurzzeitig vorhanden. In mittleren und hohen Lagen wurde die Schneeoberfläche schnell rau, wobei zwei unterschiedliche Strukturen zu beobachten waren.
Abflussrinnen
Abflussrinnen (Abb. 7) entstehen, wenn viel Wasser in eine geschichtete Schneedecke eindringt. Dies ist nicht nur im Frühling, sondern auch im Hochwinter bei intensivem Regen möglich. Am Anfang sickert das Wasser nicht gleichmässig durch die ganze Schneedecke, sondern wird an Übergängen von fein- zu grobkörnigen Schichten gestaut. Grund dafür ist die höhere Saugspannung der feinkörnigen Schicht, die das Wasser an der Schichtgrenze zurückhält und verhindert, dass es in die darunterliegende, grobkörnige Schicht eindringen kann. An solchen Schichtübergängen entstehen sehr hohe Wasserkonzentrationen, und schlussendlich fliesst das Wasser entlang der Schichtgrenze innerhalb der Schneedecke ab. So bildet sich entlang der Schichtgrenze ein Abflusssystem aus. In den Abflusskanälen entstehen Hohlräume, und die darüber liegende Schneedecke senkt sich ab.
Wabenschnee ¶
Schmelzschalen (Englisch: Snow Cups) sind ovale bis rundliche Vertiefungen von etwa 20 bis 50 cm Durchmesser und in aller Regel weniger tief als lang. Meist bedecken sie ganze Felder (Abb. 8), dann spricht man von Wabenschnee (Englisch: Honey Combs). Dabei sind die Schalen manchmal in einem hexagonalen Muster angeordnet. Typisch sind die rundlichen Vertiefungen, voneinander getrennt durch scharfe Grate.
Warum sich die Schalen wo genau bilden, ist nicht endgültig geklärt. Anfängliche Unregelmässigkeiten gibt es in der Natur aber immer, denn keine Oberfläche ist perfekt glatt oder perfekt gleichmässig. Sobald wir an der Oberfläche eine Mulde haben, kann sich diese weiter vertiefen:
- Die trennenden Grate sind stärker dem Wind ausgesetzt als die Mulden. Deshalb sublimiert auf den Graten mehr Schnee (Übergang von Eis direkt zu Wasserdampf), und an einer konvexen Form findet zudem eine stärkere langwellige Abstrahlung statt. Beides kühlt den Schnee an den Graten.
- Mulden dagegen sind vom Wind geschützt, und erhalten zudem mehr reflektierte Sonneneinstrahlung.
Sobald Schnee in den wärmeren Muldenlagen, nicht aber an den kühleren Graten schmilzt, vertiefen sich die Schalen.
Lawinenunfälle ¶
Am Freitag, 11.05. lösten Tourenfahrer am Radüner Rothorn in einem steilen Osthang eine kleine Lockerschneelawine aus. Es wurde niemand erfasst.
Lawinenbulletin ¶
Seit Montag, 07.05. erscheinen die Lawinenbulletins im Textformat. Grund sind die im späten Frühling jeweils nur noch spärlichen Informationen aus dem Gelände, die keine zuverlässige, flächendeckende Einschätzung der Gefahrenstufe mehr erlauben. Am Montag, 07.05. und am Donnerstag, 10.05. wurde jeweils ein für zwei Tage gültiges Lawinenbulletin herausgegeben, sonst erschien es weiterhin täglich.
Der nächste Wochenbericht erscheint Anfang Juni.
Gefahrenentwicklung
Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.