Ist das Lawinenbulletin verständlich? Erreicht es alle Personengruppen, die sich im lawinengefährdeten Gelände aufhalten?
Eine Benutzerumfrage mit etwa 2500 Teilnehmern gab Antwort auf solche Fragen. Dabei zeigte sich, dass die allermeisten Benutzer mit dem Lawinenbulletin und seinen Zusatzprodukten sehr zufrieden sind. Durch den Vergleich mit der Umfrage von 2008 konnte zudem der Einfluss der Bulletinerneuerung vom Winteranfang 2012/13 gemessen werden. Nachfolgend werden einige interessante Fragen analysiert.
Einfluss der Bulletin-Darstellung ¶
Das Wichtigste zuerst. Das neue Schweizer Lawinenbulletin folgt strikt der von den Europäischen Lawinenwarndiensten empfohlenen Informationspyramide. Zudem werden die zwei obersten Stufen wiederholt, damit sich die Benutzer diese wichtigsten Inhalte besser einprägen.
Die Umfrage zeigt, dass der Pyramiden-Ansatz funktioniert: die Kenntnis der Teilnehmer ist exakt in der Reihenfolge der Pyramide. Mit der Einführung des neuen Bulletins haben sich die Kenntnisse der Teilnehmer in 4 der 5 oberen Pyramidenebenen signifikant erhöht.
Auf die Frage, wie das neue Lawinenbulletin im Vergleich zum alten sei, gab die Mehrheit der Teilnehmer an, dieses sei nicht nur schöner und verständlicher, sondern auch inhaltlich besser. In Wirklichkeit standen dem Lawinenwarndienst 2014 mit der App mAvalanche und dem Meteomodell COSMO2 tatsächlich etwas bessere Grundlagen zur Verfügung als noch 2008. Mit der Erneuerung des Lawinenbulletins haben sich diese aber nicht verändert. Damit dürfte sich der Inhalt des Bulletins mit der Bulletinerneuerung kaum und seit 2008 nur wenig verändert haben. Die Umfrageergebnisse zeigen damit viel mehr, dass der nutzbare Teil des Lawinenbulletins nur das ist, was bei den Benutzern ankommt- und dieser Teil konnte offensichtlich mit der neuen Darstellung erhöht werden.
Einschätzung der Lawinengefahr ¶
"Wie hoch schätzen Sie persönlich die Vorhersage-Genauigkeit des Lawinenbulletins ein?"
Eine einfache Frage meist ohne klare Antwort, denn meist ist die reale Lawinengefahr nicht einmal im Nachhinein bekannt. Interessant sind denn auch weniger die absoluten Zahlen, sondern viel mehr deren Unterschiede. So wurde 2014 die Trefferquote mit im Mittel 83% signifikant höher eingeschätzt als noch 2008. Frauen und Italienisch Sprechende hielten die Trefferquote für noch höher, Bergführer für tiefer.
"Wenn das Lawinenbulletin Ihrer Meinung nach nicht stimmt, halten Sie die Situation dann meistens
· für gefährlicher als angegeben (18%),
· für weniger gefährlich als angegeben (32%),
· etwa gleich oft für gefährlicher bzw. weniger gefährlich als angegeben (50%)."
Ein Vergleich der Antworten "gefährlicher" mit "weniger gefährlich" zeigt signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Benutzergruppen (Abb. 3):
Grün: Erfahrene und gut ausgebildete Personen (Bergführer, Tourenleiter, (sehr) erfahren) schätzten die Lawinengefahr tiefer ein (= vom Lawinenbulletin häufiger "überschätzt") als die anderen Teilnehmer der Umfrage. Dieses Resultat passt ins Bild, dass erfahrene, gut ausgebildete Personen eher dazu tendieren, ihre besseren Fähigkeiten für mehr Bewegungsspielraum zu nutzen, und nicht unbedingt für mehr Sicherheit auf derselben Tour.
Rosa: In den inneralpinen Gebieten wird die reale Lawinengefahr häufiger als gefährlicher eingestuft als in den anderen Gebieten (Alpennordhang, Alpensüdhang). Die Lawinenwarner scheinen die Gefahr bei einem schlechten Schneedeckenaufbau also eher zu unterschätzen (oder bei gutem Aufbau zu überschätzen). Damit sind sie wohl nicht die Einzigen, denn bei schlechtem Schneedeckenaufbau ereignen sich auch häufiger schwere Lawinenunfälle.
Orange: Französisch Sprechende schätzen die reale Gefahr häufiger als gefährlicher ein als die andres sprachigen Umfrageteilnehmer. Hier stellt sich die Frage, ob die Gefahrenstufen möglicherweise in Frankreich anders interpretiert werden als in der Schweiz.